Das Projekt „Verrückt? – Na und!“
Projekt zur Aufklärung über psychische Gesundheit an Schulen
Die meisten psychischen Erkrankungen haben ihren Ursprung im Jugendalter. Gleichzeitig steigen die Zahlen von erkrankten Jugendlichen in Schleswig-Holstein derzeit stark an. Trotzdem gibt es im Lehrplan der Lübecker Schulen momentan leider wenig Raum für das Thema „Psychische Gesundheit“.
Die interessierten Schulen in Lübeck und Ostholstein können bei uns einen Schultag buchen, an welchem ein Tandem, bestehend aus einer/m fachlichen Expert*in (z.B. Psycholog*in) gemeinsam mit einer von einer psychischen Erkrankung betroffenen Person in Schulklassen ab der 8. Klassenstufe geht und dort über psychische Krankheiten und Möglichkeiten zur Erhaltung der psychischen Gesundheit aufklärt sowie Anti-Stigma-Arbeit betreibt.
Ausnahmezustand Teenager-Jahre? Umbruch in allen Lebensbereichen
Zwischen Kindheit und Erwachsensein gibt es einen Lebensabschnitt, der so aufregend ist, wie kaum eine weitere Zeit in unserem Leben – das Teenageralter. In dieser Phase sind nicht nur körperliche, sondern auch seelische und soziale Veränderungen von ganz entscheidender Bedeutung und können das Leben manchmal ziemlich auf den Kopf stellen. Nicht zuletzt deswegen sind die Teenagerjahre oft auch mit psychischen Auffälligkeiten und Störungen verbunden.
Allerdings vertrauen sich nur manche der betroffenen Jugendlichen in einer belastenden Situation dem besten Freund oder der besten Freundin an – und diese sind häufig mit der Situation überfordert und wissen nicht, an wen sie sich wenden können.
Hilfe muss her!
Diesen Umstand hat der Verein „Irrsinnig menschlich e.V.“ erkannt und im Jahr 2000 in Leipzig das Projekt „Verrückt? – Na und!“ ins Leben gerufen. Dabei gehen ein/-e fachliche/-r Experte/-in – Psycholog*innen, Ergotherapeut*innen und andere im psychologisch-pädagogischen Bereich Ausgebildete – zusammen mit einer/-m persönlichen Experten/-in – also Menschen, die selbst schon einmal unter einer psychischen Krankheit gelitten haben – in Schulklassen, um ihr Wissen und ihre Erfahrungen weiterzugeben. Dabei wird aufgeklärt, es werden spielerisch Vorurteile entlarvt und abgebaut und die beteiligten Schüler*innen und Lehrer*innen lernen sich auf eine ganz neue Art und Weise gegenseitig kennen. Mittlerweile findet das Projekt „Verrückt? – Na und!“ deutschlandweit in den unterschiedlichsten Regionen statt. Allein im Jahr 2019 wurden so an 970 Schultagen etwa 23 000 Schüler*innen erreicht. Die Wirkung des Projekts zeigt sich immer wieder durch zahlreiche positive Rückmeldungen aller Beteiligten und wird regelmäßig von der Universität Leipzig evaluiert. So geben 96% der Schüler*innen an, nach dem Schultag mehr über psychische Gesundheit zu wissen und 74% meinen, Krisen besser bewältigen zu können.
„Verrückt? Na und!“ in Lübeck
Nun findet dieses tolle Projekt auch in Lübeck statt! Die fachlichen Expert*innen sind Mitarbeiter*innen aus unterschiedlichen Einrichtungen der BRÜCKE sowie von KISS, der Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen. Viele, aber nicht alle persönlichen Expert*innen sind bei der BRÜCKE betreut oder in Selbsthilfegruppen aktiv. Für das Jahr 2020 sind insgesamt 8 Schultage geplant.
Finanziert wird das Projekt im Jahr 2020 von der Possehl-Stiftung sowie von Sponsor*innen des Vereins Irrsinnig Menschlich. Wir freuen uns, dass wir „Verrückt? – Na und!“ an die Lübecker Schulen bringen können und hoffen auf viele weitere „verrückte“ Schultage!
„Verrückt? Na und!“ in Ostholstein
Das Schulprojekt „Verrückt? Na und!“ zählt seit 2015 zu den jüngeren Angeboten der Brücke in Zusammenarbeit mit dem Kreis Ostholstein – Fachdienst Gesundheit, jugendärztlicher Dienst. Fachliche und persönliche Expertinnen und Experten besuchen dazu Schulklassen und erarbeiten mit ihnen im Rahmen eines Projekttages Antworten zu den großen und kleinen Fragen über seelische Gesundheit.
Verrückt? Na und!“ stärkt die seelische Gesundheit von jungen Erwachsenen. Das ist wichtig, weil …
- ca. 20% der 13- bis 18-Jährigen psychische Gesundheitsprobleme haben.
- oft mehrere Jahre vergehen, bis sie Hilfe suchen und bekommen.
- ca. 2 bis 3 Millionen Heranwachsende mindestens ein Elternteil haben, das psychisch erkrankt ist.
- 90% der jungen Menschen, die durch Suizid sterben, zuvor eine psychische Erkrankung hatten.
Seelische Krisen in der Jugend haben ihre Gründe und gehören meistens zum Aufwachsen. Sie verbergen sich jedoch häufig hinter Problemen wie Drogen, Alkohol, Mobbing, Gewalt, Schulabstinenz, Schulabbruch und suizidalem Verhalten. Sie…
- beeinträchtigen Klassenklima und Schulerfolg.
- werden meist zuerst von Lehrkräften erkannt.
- sind mit Ängsten, Vorurteilen und Stigmata behaftet.
- kann man überstehen und daran wachsen.
Ein „Verrückt? Na und!“ – Schultag besteht aus drei Teilen:
1. Wachmachen für das Thema
Zunächst geht es um das gegenseitige Kennenlernen, um die Einführung in die Thematik sowie um die Erwartungen und Lebenserfahrungen der Schülerinnen und Schüler. Die Gespräche und Diskussionen werden spielerisch unterstützt. So bekommen sie die Möglichkeit, sich behutsam in das Thema einzufühlen und sich damit zu identifizieren.
2. Glück und Krisen
Dieser Teil beinhaltet die Gruppenarbeitsphase. Dazu werden mehrere Gruppen gebildet und für jede Gruppe kommt eine Aufgabe rund um seelische Krisen zum Einsatz. Die einzelnen Gruppen entwickeln dazu Lösungen in eigener Verantwortung, die anschließend unter Einbeziehung der restlichen Klasse zum Teil humorvoll vorgespielt oder kreativ präsentiert werden. Daran schließt sich jeweils eine kleine Feedbackrunde an.
3. Mut machen, Durchhalten, Wellen schlagen
Bis hier wird ein Spannungsbogen aufgebaut und es kommt zum Höhepunkt des Schultages. Das Teammitglied mit dem eigenen Krisenerleben outet sich und schenkt der Schulklasse das Vertrauen, indem es aus der eigenen Lebensgeschichte berichtet, wie die Krisen gemeistert wurden und was dabei geholfen hat und heute noch hilft. Im Anschluss lädt die Lebenslehrkraft zum Gespräch ein, was anfangs verhalten, im Verlauf aber rege genutzt wird.
Authentizität und Normalität des Vortrags und der anschließenden Diskussion ist für die Schülerinnen und Schüler eine wertvolle und nachhaltige Erfahrung, zumal sie die vorherigen Arbeitsphasen als ganz normal erlebten.
An diesem Schultag lernen die Heranwachsenden unter anderem Warnsignale seelischer Krisen kennen, sie diskutieren Bewältigungsstrategien, hinterfragen Ängste und Vorurteile gegenüber seelischen Krisen, erfahren, wer und was helfen kann, finden heraus, was ihre Seele stärkt, und begegnen Menschen, die seelische Krisen gemeistert haben.
„Verrückt? Na und!“ ist ein Präventionsprogramm von Irrsinnig Menschlich e.V. bundesweit in Zusammenarbeit mit Skala und gesundheitsziele.de, in Schleswig-Holstein mit der Barbara und Wilfried Mohr-Stiftung , durchgeführt von der Regionalgruppe Ostholstein. Methodisch und inhaltlich ist es so aufbereitet, dass es sich für Jugendliche ab 14 Jahren und junge Erwachsene in der Schule und Berufsausbildung eignet.
Interesse am Projekt?
Kontakt
DIE BRÜCKE Lübeck und Ostholstein
Ansprechpartnerin für den Bereich Lübeck
Wiebke Sonnenberger
Telefon: 0451 16 08 25 90
E-Mail: w.sonnenberger@die-bruecke.de
Ansprechpartner für den Kreis Ostholstein
Thomas Witt
Telefon: 04521 70 94-22
E-Mail: t.witt@die-bruecke.de